WER WAR DER HEILIGE NORBERT VON XANTEN?
Norbert von Xanten, um 1082 am Niederrhein geboren, wurde als Sohn aus vornehmem Hause mit zwölf Jahren ins Kanonikerstift nach Xanten geschickt. Damit war sein Weg für eine geistliche Karriere vorgezeichnet, denn im Gegensatz zu einem Mönchsorden führten die Kanoniker ein Leben mit weltlichen Vorzügen wie Privateigentum oder vornehmer Kleidung. Der junge Geistliche war denn auch früh erfolgreich und avancierte zum politischen Berater: Er unterstützte König Heinrich V. im Investiturstreit. Damit stand er als Geistlicher in diesem großen Konflikt der Zeit auf der Seite der Gegner des Papstes. Im Jahr 1110 schließlich zog er sogar mit dem König nach Rom: Heinrich V. setzte dort Papst Paschalis II. gefangen und erzwang die Kaiserkrönung.
UMKEHR ZUM LEBEN IN ARMUT
Bald darauf kamen dem erfolgreichen Geistlichen Norbert jedoch Zweifel am Leben im Schatten der weltlichen Macht. 1115 gab er seine Stellung beim Kaiser auf, schenkte sein Vermögen an Arme und versuchte, in seinem Stift in Xanten Reformen durchzusetzen. Als dies nicht gelang, gründete er kurzerhand im Jahr 1121 einen neuen Orden, der zu den strengen Regeln der klösterlichen Ursprünge zurückkehrte. Bis zu seinem Tod im Jahr 1134 blieb er eine politisch bedeutende Persönlichkeit. Dass er selbst dabei allmählich wieder sein altes weltliches Leben mit Einfluss und Annehmlichkeiten aufnahm, warfen ihm Kritiker vor. Erst in der Zeit der Gegenreformation gelang es den Prämonstratensern, die Kanonisierung ihres Ordensvaters in Rom zu erreichen: Es dauerte fast vier Jahrhunderte bis im Jahr 1621 Norbert von Xanten heiliggesprochen wurde.
VOR 900 JAHREN IN PREMONTRE GEGRÜNDET
Der zungenbrecherische Name des Ordens kommt vom lateinischen „praemonstratum“, „vorher angezeigt“ – denn der perfekte Ort für die Klostergründung soll Norbert im Traum von Maria selbst gezeigt worden sein. Im Jahr 1120 ließ er dort sein erstes Kloster erbauen: vor genau 900 Jahren. Diese erste Abtei existiert nicht mehr, ihr Standort im heutigen Frankreich heißt jedoch noch immer Prémontré. Mit ihrer weißen Ordenstracht folgten die Prämonstratenser dem Vorbild des weißen Büßergewandes, das Norbert seit seiner Umkehr getragen hatte. Ursprünglich waren alle Prämonstratenserstifte Doppelklöster für Männer und Frauen – da dies jedoch die Einhaltung des Keuschheitsgelübdes erschwerte, wurden Männer und Frauen bereits ab 1141 in separaten Klöstern untergebracht. Für die Prämonstratenser war die Seelsorge in der Bevölkerung von großer Bedeutung, auch die Mission spielte eine wichtige Rolle. Bis zur Reformation breiteten sie sich in ganz Europa aus. Heute existieren weltweit noch etwa 35 Prämonstratenser-Niederlassungen mit rund 1.300 Mitgliedern. In manchen Ländern werden die Ordensmitglieder noch immer als Norbertiner bezeichnet.
KLOSTER SCHUSSENRIED ALS ZENTRUM DER MACHT
Die Brüder Berengar und Konrad von Shuzenriet stifteten 1183 all ihren Besitz in Oberschwaben den aufstrebenden Prämonstratensern: Das war der Anfang von Kloster Schussenried. Kurz vor ihrem Tod traten die beiden Adeligen selbst in den Orden ein – eine damals übliche Maßnahme, um das eigene Seelenheil zu sichern. Ausgehend von ihrem Besitz wuchs das Stift stetig an – bis im 15. Jahrhundert sämtliche Pfarreien der Umgebung den Prämonstratensern in Schussenried gehörten, Auf dem Höhepunkt seiner Macht unterstand das Kloster nur dem Kaiser; am Ende des 18. Jahrhunderts herrschte es über rund 3.200 Menschen. Mit der Säkularisierung 1803 wurde das Kloster aufgelöst und 1835 kamen die Gebäude in Staatsbesitz. Zwischendurch als Gießereibetrieb und psychiatrische Anstalt genutzt, ist es heute vor allem als Kunst- und Kulturzentrum bekannt – und als wichtiger Anziehungspunkt an der Oberschwäbischen Barockstraße.
WISSENSCHAFT IM PRUNKGEWAND
Weithin sichtbar erhebt sich am Ortsrand von Bad Schussenried der barocke Zwiebelturm der Klosterkirche St. Magnus. Der mittelalterliche Kern lässt sich unter ihrer verspielten Verkleidung nur noch erahnen. Dennoch liegen Barock und Mittelalter im Kloster direkt nebeneinander, denn der geplante große Neubau des 18. Jahrhunderts wurde nur zum Teil vollendet. Aus dieser Zeit stammt einer der Höhepunkte des oberschwäbischen Barock: der prachtvoll dekorierte Bibliothekssaal. Hier, im geistigen Zentrum des Stifts, inszenierte sich das Kloster als Ort der Wissenschaft. Architektur, Skulptur und Malerei verbinden sich zu einem Gesamtkonzept, das darauf abzielt, den Besucher zu überwältigen – und die Kunst der barocken Meister verfehlt bis heute nicht ihre Wirkung.
AUF DER SUCHE NACH SANKT NORBERT
Der 6. Juni ist der Todes- und Namenstag des heiligen Norbert von Xanten. Wer an diesem Tag einen Ausflug ins Kloster Schussenried plant, kann die Gelegenheit nutzen und sich im Kloster auf die Suche nach dem Ordensgründer machen. An mehreren Stellen ist er in Bildern verewigt: In der Klosterkirche St. Magnus etwa zeigt das barocke Deckenfresko Szenen aus seiner Lebensgeschichte. Nochmals taucht er dort im prachtvollen Chorgestühl von 1717 auf, als eine von 24 aufwendig geschnitzten Heiligenfiguren. Erkennbar ist er hier nur durch eine Inschrift – oftmals jedoch trägt er als Merkmale sein weißes Büßergewand, eine Monstranz sowie ein Kreuz mit doppeltem Querbalken. So ist er auch auf dem Deckenfresko im Bibliothekssaal abgebildet – wer genau hinschaut, wird ihn leicht erkennen können.
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ÖFFNUNGSZEITEN KLOSTER SCHUSSENRIED
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